12.Nov.2015

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Wahre Überlebenskünstler: winterharte Kakteen vertragen bis zu minus 25 Grad

N.N.

Die Sonne brennt vom mexikanischen Himmel. 40 Grad im Schatten, wenn es denn Schatten gäbe. In den steinigen Boden hat sich eine Kaktee geradezu eingegraben und trotzt tapfer der Gluthitze. Kakteen können das. Sie sind Meister im Ertragen von Trockenheit und hohen Temperaturen. Das weiß jeder.

Schnitt. Ein winterlicher Garten in Deutschland. Es herrscht heftiger Kahlfrost. Die Zweige sind eisüberkrustet und der gleiche kleine Kaktus, der im Glutofen der mexikanischen Wüste mühelos überlebte, macht sich auch nichts aus unserem schlimmsten Winter. Im Gegenteil. Er könnte noch viel mehr ertragen: Bis zu -25°C lassen ihn im wahren Sinn des Wortes kalt, ja er genießt die tiefen Temperaturen geradezu. Würde man ihn im wohlig warmen Wohnzimmer überwintern, träte er demonstrativ in den Blühstreik. "Vernalisation" nennt das der Botaniker, eine Art physiologischer Schalter, der verhindert, dass eine Pflanze zur falschen Zeit blüht. Manche machen das an der Taglänge oder der allgemeinen Feuchtigkeit fest, andere, wie auch der Kaktus, warten erst einmal auf kalte Tage. Wenn Ihr Kaktus am Fensterbrett also partout nicht in die Hufe kommt, obwohl er gesund und kräftig aussieht, dann sollten Sie an einen Standortwechsel im Winter denken. 10 Grad plus sind ideal. Nur zu dunkel darf es dabei nicht sein. Ein ungeheiztes Treppenhaus bietet sich beispielsweise dafür an.

Aber wir waren ja bei unserem Extremkandidaten, der auch einen sprechenden Namen hat: Echinocereus triglochidiatus heißt er auf Latein, übersetzen könnte man es mit "dreistacheliger Igelkaktus". Man merkt schon, er ist eher wenig kontaktfreudig. Aber eben sehr robust, und er ist bei Weitem nicht alleine mit dieser Eigenschaft. In seiner mexikanischen Heimat wird es im Winter nachts empfindlich kalt, ähnlich wie z. B. auch in den Hochtälern der Anden, wo weitere Arten außerordentlich kälteresistent sind. In Spezialgärtnereien kann man unter mehreren Dutzend vollkommen winterharter Kakteen wählen, die zahlreichen Sorten noch gar nicht eingerechnet. Das gesamte Farbspektrum, das Kakteen zur Verfügung steht, breitet sich wie eine Palette aus: Von Grün über Gelb, Orange, Rot, bis hin zu fast schon neonfarbenen Lila- und Violettönen. Nur Blau kann der Kaktus nicht.

Wenn das alles so einfach ist, warum sieht man dann nicht viel mehr Opuntien, Echinokakteen, Gymnocalycium oder Mammillarien in unseren Gärten? Es ist nicht nur die Kontaktscheue der Kakteen, sondern man muss auch ein paar Pflegehinweise beachten, damit es mit dem neuen Nachbarn klappt. Alle winterharten Kakteen haben zwar kein Problem mit der Kälte, aber mit unserem feuchten Klima. Ständig nasse Füsse quittieren sie sehr schnell mit Wurzelfäule und dann hilft nur noch eine Notoperation. Ein sauberer Schnitt im gesunden Gewebe, den man einige Tage trocknen lassen muss, den Patienten in neues Kakteensubstrat umtopfen und hoffen, dass er überlebt. Beim nächsten Mal dann bitte folgende Regel verinnerlichen: Kakteen brauchen immer ein sehr, sehr durchlässiges, stark mineralisches Substrat und im Winter möglichst Trockenheit. Ideal hat sich die Kübelkultur erwiesen, denn einen Kübel kann man gegebenenfalls unter einen Dachvorstand ziehen, oder eben dort parken, wo kein Regen hinfällt. Aber auch der Drainagekies an der Hauswand kann sich eignen (Südseite! Im Sommer erinnert sich der Kaktus gerne an seine sonnendurchglühte Heimat) oder ein kleines Plexiglasdach, das man über den Pflanzort montiert. Im Frühjahr, meistens wenn die Blüten schieben, darf man langsam mit dem Gießen beginnen. Die meisten winterharten Kakteen sind wenig empfindlich und verzeihen den einen oder anderen Pflegefehler, ganz anders als manche ihrer Kollegen. Also, ziehen Sie die Handschuhe an und holen sich ruhig ein wenig Exotik in den Garten. Die einmalige Blütenpracht winterharter Kakteen entschädigt für jeden Dorn im Finger!

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zuletzt bearbeitet am 24.XII.2015