4.Juni 2015

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Auffällige Erscheinung, aber selten bei uns zu entdecken: der Pirol

Karl Josef Strank

Obwohl der Pirol mit seinem leuchtenden zitronen- bis goldgelbem Gefieder und den schwarzen Flügel- und Schwanzfedern eine auffallende Erscheinung besitzt, dürften ihn hierzulande nicht viele zu Gesicht bekommen haben. Seine Farbenpracht erinnert an tropische Papageien oder Paradiesvögel, was nicht Wunder nimmt, denn er ist der einzige europäische Vertreter einer Sippschaft von 28 Arten, die in den Tropen Afrikas und Asiens beheimatet sind.

Der Pirol ist schlank, etwa amselgroß und äußerst scheu, ganz im Gegensatz zur Amsel, die sich als Kulturfolger von einem scheuen Waldbewohner zu einem der häufigsten Vögel unserer Gärten entwickelt hat. Kräftig leuchtendes gelbes Gefieder haben die männlichen Pirole, die Weibchen sind unauffälliger und gelbgrün bis grau getupft. Gelb sind bei ihnen die Unterschwanzfedern und die äußere Schwanzspitze. Das unterschiedliche Aussehen der Geschlechter nennt man Sexualdimorphismus, der häufig vorkommt und damit erklärt wird, dass die Weibchen mit dem unauffälligeren Federkleid auf dem Nest besser getarnt sind. Beide Geschlechter haben einen rötlichen bis rostfarbenen Schnabel. Beim Männchen und bei den älteren Weibchen reicht vom Schnabelgrund bis zum Auge ein schwarzes Zügelband. Die Augen sind bräunlich bis rötlich, Beine und Krallen grau gefärbt. Ältere Weibchen können wieder deutlich gelber gefärbt sein als junge Männchen, was es mitunter schwierig macht, die Geschlechter nur anhand der Färbung zu unterscheiden.

Der Pirol (Oriolus oriolus) ist ein Brut- und Sommervogel Mitteleuropas, der nicht sehr häufig vorkommt. Eine im Gefieder anders gezeichnete Unterart kommt vom südlichen Zentralasien bis nach Nordindien vor. Als Vogel des Tieflandes ist er in den Mittelgebirgen selten über 600 Metern anzutreffen und fehlt in den Alpen weitgehend. Der obligate Zugvogel zieht zur Überwinterung in die Hochländer und Waldgebiete Ostafrikas bis zur südlichen Kap-region. Einige schaffen es bis Madagaskar.

Spanische und nordafrikanische Vögel bevorzugen die Baumsavannen und Flussgebiete des Nigers, Senegals und Gambias. Sie überqueren die Alpen und die Sahara ohne Umgehungsstrecken. Aus den Brutgebieten ziehen sie Ende Juli und verstärkt Ende August weg, Nachzügler sind noch bis in den Oktober unterwegs. Die afrikanischen Winterquartiere verlassen sie ab Ende Januar. Die ersten finden sich bei uns Ende März wieder ein, die meisten Pirole erscheinen erst im Mai, weswegen sich auch der Name Pfingstvogel eingebürgert hat.

Der Pirol bevorzugt lichte Auenwälder, Bruchwälder und gewässernahe Gehölze. Er siedelt und brütet auch in Laub-, Misch- und Nadelwäldern sowie Parks, großen Gärten, Friedhöfen, Streuobstwiesen mit hohen Obstbäumen, Windschutzgürteln und Alleen. Überwiegend hält er sich im Kronendach höherer Bäume auf.

Loriot

Pirole ernähren sich von Pflanzen und von Tieren. Bevorzugt fangen sie Raupen und Schmetterlinge. Süßes Obst wie saftige Steinfrüchte und verschiedene Beeren enthalten viel Zucker und liefern die notwendige Energie. Das Nest baut der Pirol in einer möglichst horizontalen Astgabel im Kronenbereich hoher Bäume. Die Eier sind hellrosa bis weißlich mit kleinen schwarzen Sprenkeln.

In Osteuropa ist der Pirol stärker verbreitet als in Mittel- und Westeuropa. Die Bestände schwanken von Jahr zu Jahr stark, dennoch gelten sie europaweit als stabil. Hauptursachen der Gefährdung sind vor allem Zugverluste durch Unfälle und Abschuss sowie die Zerstörung des Lebensraums in den Überwinterungs- wie auch in den Brutgebieten. In Nordrhein-Westfalen wird der Pirol in der Roten Liste als „stark gefährdet“ geführt und gilt als besonders geschützte Art.

Männchen vollführen manchmal einen leisen Zwitscher-Gesang. Das charakteristische klangvolle Flöten wird mit „dü-delüü-lio“ oder aber „büloo-büloo“ umschrieben. Der Lockruf wird mit „rääij-rääij“ oder „wiäächt-wiäächt“ beschrieben. Bei Aufregung krächzen sie krähenartig mit einem „chrrrääh“. Der Warnruf klingt wie bei den Spechten „djick-jick“.

Das alte Adelsgeschlecht derer von Bülow erkor den Pirol zu seinem Wappentier. Die Umschreibung des Rufs als „büloo-büloo“ brachte dem Pirol auch den Namen „Vogel Bülow“ ein. Wegen des Gleichklangs und aus heraldischer Tradition nahm Vicco von Bülow als Künstler den französischen Namen des Vogels an und nannte sich fortan Loriot.

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zuletzt bearbeitet am 14.VII.2015