16.Aug.2012

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Tiere in der Stadt: Von Sittichen, Tauben, Wildschweinen und Spatzen

Karl Josef Strank

Tiere in der Stadt und auf den Dörfern. Unter dem Titel „Invasion der grünen Papageien“ berichtete im Dezember 2011 die Süddeutsche Zeitung, dass in vielen Städten der gesamten Rheinebene mittlerweile tausende wilder Halsbandsittiche, giftgrüne Nachfahren entflohener Käfigtiere, das Leben in Freiheit genießen. Allein in Köln soll sich der Bestand auf 2000 Tiere eingependelt haben. Halsbandsittiche stammen aus den Savannengebieten Afrikas und aus Indien. In Europa haben sie sich akklimatisiert und ausgebreitet. Das wärmere Mikroklima in den Städten sowie der lockere Baumbestand (savannenähnlich) in Parks Friedhöfen und Gartenanlagen bieten ihnen offensichtlich ausreichend Lebensraum und Nahrung in Form von Blüten, Beeren und Obst.

Weil sie als Höhlenbrüter nach Ansicht einiger Biologen einheimischen Vögeln wie Spechten und Kleibern und Fledermäusen die Bruthöhlen streitig machen könnten, wollen Naturschützer sie auf die Schwarze Liste der eingewanderten oder eingeschleppten Arten setzen, die daran gehindert werden, sich weiter auszubreiten, indem die Brut zerstört oder die Tiere zum Abschuss freigegeben werden. Die Experten streiten.

Als Felsenbrüter haben sich Tauben in den Steinlandschaften der Städte stark ausgebreitet. Sie sind regelrecht zur Plage geworden und haben entsprechende Bekämpfungskampagnen auf den Plan gerufen. Andererseits liefern sie aber auch die Nahrungsgrundlage für einen anderen seltenen Felsenbewohner der freien Landschaft, den Wanderfalken. Er brütet heute auf Türmen und Bauwerken ab 100 Metern Höhe, unter anderem auch auf dem Kölner Dom. Die Wissenschafts-Serie Quarks & Co. berichtete, dass sehr stressresistente Paare mittlerweile sogar auf Braunkohlebaggern brüten.

Wildschweine sind dämmerungs- und nachtaktiv und halten sich im Wald auf. Immer häufiger dringen sie aber in waldnahe Wohngebiete vor, walzen im Rudel – sie leben in größeren Verbänden – Einfriedungen platt und plündern die Vorgärten. Mehrfach wurde gemeldet, dass einzelne Wildschweine panisch durch Scheiben gebrochen und in Wohnungen eingedrungen sind.

Ein Grund: Wir werfen zu viel (Fr)essbares in den Müll. Für viele Tiere ist damit der Tisch reich gedeckt und Nahrungssuche wird für sie zum Kinderspiel. Füchse sind deswegen in ruhigen Ortslagen regelmäßig auf Streife und sie sind in der Regel nicht mehr auf der Suche nach Hühnern, denn die werden kaum noch wie früher vielerorts und in kleiner Zahl gehalten. Abfall ist da ergiebiger.

Steinmarder sind fester Bestand unserer Siedlungen. Unangenehm sind sie aufgefallen, weil sie im Motorenraum von Autos Kabel und Gummischläuche an- und durchgebissen haben. Es hat sich herausgestellt, dass sie das vor allem im Frühjahr zur Fortpflanzungszeit tun, wenn rivalisierende Männchen und auch Weibchen ihr Revier markieren und verteidigen. Es ist kein besonderer Stoff in Kabeln und Schläuchen, der sie zu diesen Beißattacken verleitet.

Weil sie zu den Singvögeln zählen, sind die Rabenvögel unter Artenschutz gestellt worden. Wurden sie früher verfolgt und bejagt, haben sie sich anschließend stark ausgebreitet. Heute sind Elstern, Eichelhäher, Raben- und Saatkrähe häufig in unseren Gärten und ortsnahen Wiesen vertreten. Letztere leben und brüten in Kolonien und lassen sich auch schon mal mitten in Siedlungen nieder, was insbesondere dann, wenn Saatkrähen lautstark miteinander kommunizieren und „Dreck“ machen zu Problemen und aufwendigen „Umsiedlungsaktionen“ führen kann.

Spatzen, Haussperlinge, waren früher auf den Dörfern in Massen vertreten, heute werden die Häuser und vor allem Dächer isoliert und der Lebensraum der Spatzen schwindet. Staubbäder, die früher auf jedem Dorfplatz möglich waren, fallen der Versiegelung zum Opfer.

Mit der Aufgabe der Milchwirtschaft und dem Verschwinden der Kühe ändern sich die Lebensbedingungen für Schwalben auf den Dörfern. Die Beispiele zeigen, dass der Mensch ein entscheidender Faktor im Kräftespiel der Natur ist.

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zuletzt bearbeitet am 22.IX.2012