3.Febr.2011

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Die Zaubernuss im Von-Halfern-Park. Augentrost im Winter.

Joachim Schmitz

Die leidenschaftlichen Pflanzenfreunde können es im Winter kaum aushalten, bis sich endlich wieder grüne Triebe und Blüten zeigen. Der Gartenhandel kann da Abhilfe schaffen. Exotische, in unserem Winter blühende Arten werden immer beliebter. Ein Klassiker in dieser Beziehung sind die Zaubernüsse, besonders die Chinesische Zaubernuss (Hamamelis mollis) und die Japanische Zaubernuss (H. japonica) sowie deren Zuchtformen und Hybriden, die schon ab Januar blühen und ihre schmalen, gelben, bei gärtnerischen Sorten auch schon mal orangen oder roten Kronblätter zeigen. Sowas sieht man dann gelegentlich auch in Vorgärten und die relativ jungen Pflanzen sind dann kaum größer als 1 Meter.

Ein ganz besonderes Exemplar der Chinesischen Zaubernuss (Hamamelis mollis) ist im Von-Halfern-Park im Süden von Aachen an der Lütticher Straße zu bewundern. Dazu benutzt man am besten den Eingang an Hochgrundhaus (früher das Herrenhaus des Parkstifters, heute ein Kindergarten) und geht immer geradeaus (parallel zur Lütticher Straße) bis zum Ende. Man kommt auch von Grundhaus dahin, wenn man sich bei der ersten Gelegenheit im eigentlichen Parkgelände sofort nach links oben wendet. Von inzwischen sehr hoch gewachsenen Bäumen umzingelt, ist die Stelle nicht so einfach zu finden. Die Mühe wird aber belohnt mit einem riesigen Exemplar der Chinesischen Zaubernuss. Die Art wird nur maximal 5m hoch, wächst also wie ein Mittelding aus Baum und Strauch. Das Exemplar hat somit längst seine maximale Höhe erreicht, wächst aber noch in die Breite. Dazu kommt, dass die Art ohnehin sehr langsam wächst. Aus eigener Anschauung weiß ich, dass das Exemplar über 50 Jahre alt sein muss; da nach dem Ersten Weltkrieg kaum noch Neupflanzungen vorgenommen wurden, könnte das Alter auch schon gut bei 100 Jahren liegen.

Wie kommen die Pflanzen dazu, zu so einer merkwürdigen Jahreszeit zu blühen? Die Familie Zaubernussgewächse (Hamamelidaceae) ist schon seit der späten Kreidezeit belegt; es könnten also noch Dinosaurier daran geknabbert haben. Dabei liegt sie in ihren Merkmalen zwischen sehr ursprünglichen, insektenbestäubten Blütenpflanzen aus der Verwandtschaft der Magnolien- und der Rosenartigen und den sekundär wieder zur Windbestäubung zurückgegangenen Birken- und Haselgewächsen. Sie repräsentiert also stammesgeschichtlich den Übergang von der (in der Kreidezeit gerade „erfundenen“) Insektenbestäubung zurück zur Windbestäubung. Das wird besonders an der Zaubernuss deutlich. Sie hat zwar noch auffällig gefärbte Kronblätter und produziert sogar auch noch Nektar, aber welcher Bestäuber kann im Winter etwas damit anfangen? Auch in ihrer ostasiatischen Heimat ist dann Winter oder bestenfalls Vorfrühling. Also bleibt nur Windbestäubung übrig. Für die Art hat das den Vorteil, dass um diese Zeit mit Sicherheit nur eigene Pollen in der Luft herumschwirren und Fremdbestäubungen, Kreuzungen oder andere Pollenverschwendung damit ausgeschlossen sind. Trotzdem kann die Pflanze ihr stammesgeschichtliches Erbe nicht verleugnen und macht immer noch bunte Kronblätter und produziert Nektar.

Der Name Zaubernuss kommt von der Virginischen Zaubernuss (Hamamelis virginiana), die schon von den nordamerikanischen Indianern als Heilpflanze genutzt wurde. Zur Zauberpflanze wurde sie vermutlich durch eine Fehldeutung. Wegen der Ähnlichkeit mit der europäischen Haselnuss, die schon bei den alten Germanen als Zauberpflanze galt und zur Herstellung von Wünschelruten benutzt wurde, vermuteten die europäischen Siedler eine Verwandtschaft mit der Haselnuss und schrieben der Zaubernuss ähnliche, ja noch stärkere magische Kräfte zu. Unter anderem machten sie daraus Wünschelruten zur Suche nach Wasser und Gold. Dabei ist schon die Bezeichnung Nuss falsch, weil die Pflanzen eine Kapsel bilden, die zwar relativ hart ist, aber nach einiger Zeit eben doch aufplatzt. Selbst der große Linné hat sich geirrt. Der Name Hamamelis stammt aus dem Altgriechischen und bezeichnet eine heute nicht mehr eindeutig identifizierbare apfelartige Frucht. Linné wollte wohl die Ähnlichkeit mit der Mispel herausstellen, bei der ebenfalls je 1 Samen in einer harten Hülle steckt. Im Gegensatz zur Zaubernuss öffnet sich diese bei der Mispel aber nicht, dies sind wirklich Nussfrüchte.


 

voriger Artikel ← | → nächster Artikel

Auswahl nach Erscheinungsdatum

Auswahl nach Themenstichwort

Startseite

zuletzt bearbeitet am 3.III.2011