24.Sept.2009

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Alles rund um ein nützliches Insekt – was tun, wenn es mal sticht?

Astrid von Reis

Gelb- schwarz gestreift ist sie – heute wird aber an dieser Stelle nicht von der Alemannia berichtet - sondern von dem oft ängstlich beäugten Insekt, der Wespe.

So klein die Wespe auch ist, an sonnigen Sommer- und Herbsttagen kann sie eine gemütliche Runde bei Kaffee und Kuchen torpedieren. Kaum ist sie gelandet und will sich auch an den süßen Köstlichkeiten laben, scheint auf einmal die Freude an der Natur vorbei: Kampf und/ oder Flucht ist angesagt! Wild wird um sich geschlagen, vom Stuhl aufgesprungen. Andere versuchen zu beruhigen: „Die tut doch nichts, die sticht nicht, wenn Du sie nicht bedrängst...“. Das Chaos ist perfekt bis die Wespe das Weite sucht oder – erschlagen ist.

Für den schlechten Ruf, den die Wespen haben, sind vor allem zwei Arten der Familie der staatenbildenden, sozialen Faltenwespen (Vespidae) Mitteleuropas verantwortlich: Die Deutsche Wespe und die Gemeine Wespe. Sie bilden die größten Völker mit mehreren 1000 Arbeiterinnen und tauchen auch in größerer Anzahl in menschlichen Siedlungen auf.

Das „Lästigwerden“ der sogenannten „Zwetschgenkuchenwespen“ hängt mit ihrer Ernährungsweise zusammen.

Im Frühjahr und Sommer versorgen sie ihre Brut hauptsächlich mit eiweißhaltiger Nahrung. Hierfür gehen sie auf die Jagd nach Insekten und erweisen sich als natürliche Schädlingsbe-kämpfer: Sie sind damit Nützlinge, die der Massenvermehrung von Schadinsekten entgegenwirken.

Die erwachsenen Tiere, die sich vornehmlich von Kohlenhydraten ernähren, gewinnen diese aus Baumsäften, Blütennektar und Honigtau von Blattläusen. Die o.g. Wespenarten nutzen dann auch gerne Kohlehydratquellen im menschlichen Siedlungsbereich. In dieser Zeit fallen die Wespen trotzdem bei uns eher seltener auf, es sei denn, sie haben ihr Nest aus Papier ganz in der Nähe gebaut oder man läuft über eine blumenreiche (Klee-) Wiese. Vielleicht können sie auch mal am Frühstückstisch beobachtet werden, wenn sie sich ein Stückchen Schinken (Eiweiß) mit ihren Mundwerkzeugen „absägen“ und mit ihrer schweren Last kaum mehr losfliegen können. Faszinierend zu sehen und zu hören ist es auch, wenn sie sich Holz an einem Holzbrett oder an einem Ast für den Nestbau abschaben.

Im Spätsommer und Frühherbst, wenn sich der Nestverband auflöst, machen sich die noch lebenden Arbeiterinnen nur noch auf Nahrungssuche nach Kohlenhydraten für den eigenen Lebenserhalt. Sie finden diese jetzt hauptsächlich in Früchten. Da kommt so ein Zwetschgen-kuchen, die Limonade, erntereife Äpfel und alles süßlich duftende (Parfüms, Deos) ganz gelegen....auf unser Blut haben sie es nicht abgesehen. Sie stechen lediglich wenn sie in Bedrängnis sind, berührt oder gedrückt werden. Auch die Königinnen, die im Herbst in Holzstapeln und Behausungen ein Plätzchen zum Überwintern suchen, wollen nur in Ruhe gelassen werden um im nächsten Jahr einen neuen Staat gründen zu können. Ein Staat, der uns wieder vor z.B. Mücken- und Fliegeninvasionen schützt.

Nun müssen die Wespen aber nicht unbedingt auf den Kaffeetisch kommen! Bereits die alten Römer wussten, dass intensiv riechende Pflanzen sie fernhalten. Hier ein Rezept zur Insektenabwehr: Mischen Sie in 30 ml Mandelöl jeweils 10 Tropfen des ätherischen Öls von Zitrone, Eukalyptus, Gewürznelke, Lavendel, Rosmarin oder Zeder. Sie können sich damit einreiben oder das Gemisch direkt auf ihren Tisch stellen – es „stinkt“ den Wespen (und Mücken), sie suchen das Weite. Wirkungsvoll ist es auch, eine Zitrone mit Gewürznelken zu bespicken und auf den Tisch zu stellen. Der griechische Arzt Dioskorides (40 – 90 n.Chr.) empfahl Rainfarn und auch Eberraute: Sträußchen pflücken, aufhängen oder in die Vase stellen. Beide Pflanzen wurden von den Gelehrten Karls des Großen u.a. wegen dieser Wirkung in die Liste der Pflanzen aufgenommen, die in jedem ‚Karlsgarten’ stehen mussten.

Sollte es doch mal zu einem Stich gekommen sein, hält die Natur auch hier viele Pflanzen bereit, die uns helfen können.

Beim Ausflug ins ‚Grüne’ muss meistens nicht lange nach dem Spitz- und dem Breitwegerich (Plantago lanceolata und P. major) gesucht werden. Sie sind sehr verbreitet und oft an oder auf Wegen und Wiesen zu finden. Beide Arten enthalten u.a. ein Antibiotikum (Aucubin), Schleim-, Bitter- und Gerbstoffe, Kieselsäure.

Am besten gleich nach dem Stich frische, zerriebene Blätter auf die betroffene Stelle legen und fixieren. Alle halbe Stunde erneuern bis eine spürbare Linderung eingetreten ist.

Ähnlich wirksam sind Blätter der Großen Käsepappel (Malva sylvestris.): Zu einer Führung im Karlsgarten kam eine Teilnehmerin, die wenige Minuten vorher von einer Wespe gestochen worden war. Wir legten ihr zerriebene Blätter auf die Stelle und konnten zugucken wie die Schwellung zurück ging, der Schmerz ließ schnell nach. Wissen von Dioskorides in der Praxis – wir waren begeistert!

Weitere gute Mittel für zu Hause: Zwiebelscheibe auflegen, mit Knoblauchzehe einreiben, Lavendelöl auftupfen und kühlen. Ein wichtiger Hinweis: Sollten allergische Reaktionen auftreten und/oder bekannt sein und bei Entzündungen gehen Sie bitte gleich zum Arzt.

Und am Schluß noch etwas gegen ein Ammenmärchen, welches immer noch kursiert: Der Stich der größeren „Schwester“, der Hornisse ist nicht gefährlicher als der der Wespe!

So unangenehm ein Wespenstich sein kann: Lassen wir die Wespen (und Hornissen) leben. Ohne sie hätten wir viel größere Probleme mit ganz anderen „Plagegeistern“.


 

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zuletzt bearbeitet am 8.VIII.2010